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Modellversuche PDF Drucken E-Mail

In Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur Wien entwickelte die F&E-Abteilung der Kirchdorfer Fertigteilholding in den vergangenen 3 Jahren ein neuartiges Fertigteil-System einer Organismenwanderanlage, das den Bedürfnissen der Gewässerorganismen in optimierter Weise gerecht wird und gleichzeitig den Wasserbedarf auf ein Minimum reduziert. Das Forschungsprojekt wurde von der FFG gefördert.

Das innovative System wurde in umfangreichen hydraulischen und biologischen Untersuchungen im Wasserbaulabor des Institutes für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiver Wasserbau in einer adaptiven Variantenstudie optimiert. In einem Modellversuch im Maßstab 1 : 5 wurden 4 Grundgeometrien getestet. Die Geometrie mit den überzeugendsten Ergebnissen wurde in über 30 Detailuntersuchungen im 1 : 1 bis 1 : 2 Maßstab weiter optimiert. Zudem erfolgten die detaillierte Ableitung hydraulischer Bemessungsparameter sowie die biologische Funktionsprüfung mit unterschiedlichen Fischarten.

Im Maßstab 1 : 5 wurden einerseits ein herkömmlicher Vertical Slot Beckenpass (Nullvariante) und andererseits unterschiedliche neu entwickelte s.g. Multi-Struktur Slot Geometrien getestet. Die Dimensionierung der Nullvariante eines herkömmlichen Vertical Slot Beckenpasses erfolgte anhand des DVWK Merkblatts 232/1996 wie folgt: Breite 1,45 m, Länge 2,00 m, Schlitzbreite 15 cm, mittlere Wassertiefe 60 cm, Δh = 15 cm, Wandstärke 10 cm. Die Geometrien 1 – 4 (Bild 3) zur Entwicklung des MABA Fishpasses wurden mit identischen Beckenabmessungen und Höhendifferenz zwischen den Becken, jedoch mit veränderten Schlitzgeometrie (Multi-Struktur Slots) getestet. Das Modell wurde in einer Glasrinne mit Plexiglas ausgeführt. Im 1:5 Modell wurden 2D-Strömungsgeschwindigkeiten, Wasserspiegellagen sowie der Durchfluss zum Vergleich der Geometrien erfasst.

Bei allen Multi-Struktur Slot Varianten konnte eine klare Durchfluss- und Fließgeschwindigkeitsreduktion festgestellt werden. Das Strömungsbild ist wesentlich ruhiger und turbulenzärmer. Die Wasserspiegeldifferenz baut sich in drei Stufen ab, ca. 40% im ersten Schlitz, ca. 20% im Zwischenbecken und ca. 40% im zweiten Schlitz. Dadurch wird der Energieeintrag in das Folgebecken entsprechend minimiert. Geometrie 4 der Voruntersuchung im Maßstab 1 : 5 stellt die bevorzugte Variante dar. Sie weist einen um 35% reduzierten Durchfluss sowie um 27% ruhigere Strömungsverhältnisse, gemessen an der durchschnittlichen Fließgeschwindigkeit pro Messebene, auf. Die Fließgeschwindigkeit im Schlitz, die das größte Überwindungshindernis für die aquatische Fauna darstellt, konnte um rd. 10% abgesenkt werden.

Die Grundform wurde im 1:1 Modellversuch weiter entwickelt und in über 30 Varianten zur Ableitung der hydraulischen Bedingungen optimiert. Dabei wurden 3D-Strömungsgeschwindigkeiten, Turbulenzen, Wasserspiegellagen, Durchflüsse und hydraulische Verhältnisse gemessen sowie die Durchwanderbarkeit mit verschiedenen Fischarten getestet. In einer ersten Versuchsserie wurden verschiedene Größen des Multi-Struktur Slots sowie der Aufstellwinkel der Zwischenwände variiert und modifiziert und in Richtung einer optimalen Durchwanderbarkeit angepasst. Eine Verkürzung des Multi-Struktur Slots unter einen Minimalwert führte dazu, dass sich zwischen den Slot Strukturen Totwasserzonen mit stabilen Wirbeln ausbilden, die letztlich wie eine glatte Oberfläche wirken. Anstatt der beabsichtigten isolierten Rauhigkeitsströmung entsteht eine quasi-glatte Strömung, die durch den Multi-Struktur Slot hindurchströmt und in höheren Fließgeschwindigkeiten und damit ungünstigeren Verhältnisse für schwimmschwache Spezies oder juvenile Individuen resultiert. Durch die stark gerichtete Strömung fallen zwar die Turbulenzen geringer aus, der negative Effekt der hohen Fließgeschwindigkeit bei einer Verkürzung des Multi-Struktur Slots überwiegt jedoch. Ebenfalls negativ wirkt sich ein zu breit ausgebildeter Multi-Struktur Slot aus, da durch die Reduktion der verbleibenden Beruhigungsbeckenbreite neben dem Multi-Struktur Slot dem Wasser die Möglichkeit genommen wird, aus diesem Beckenabschnitt ruhig abzuströmen. Es entstehen stark pulsierende Wasserströmungen die durch das intervallartige Herausströmen der angestauten Wassermassen aus dem Beruhigungsbeckenbereich rühren. Generell ist das Turbulenzniveau im Multi-Struktur Slot bei diesen Varianten dadurch höher.  

Der aus ökologischer und ökonomischer Sicht optimierte Multi-Struktur Slot wurde gegenüber der Grundvariante verbreitert und der Einlauf- gegenüber dem Auslaufschlitz leicht versetzt angeordnet. Die Multi-Struktur Slots sind in der Abfolge alternierend links/rechts angeordnet. Dadurch konnte der Durchfluss Vergleich zur Grundgeometrie der Vorversuche um weitere 15% reduziert werden. Im Zuge der Ableitung der hydraulischen Bedingungen wurde die Form entsprechend der Fertigung als Fertigteil mit angezogenen Flanken der Schlitze ausgeführt und mit einer verkürzten Leitwand adaptiert. Die Verkürzung der Leitwand brachte eine weitere Reduktion des Durchflusses um 10 % und damit einher gehend eine Reduktion der maximalen und mittleren Fließgeschwindigkeiten. Die um rd. 10 % erhöhte Turbulenz spricht für eine noch gelungenere Energieumwandlung. Durch die deutlich reduzierte Betriebswassermenge und die geringeren Fließgeschwindigkeiten ist auch die in das flussabwärtige Pool induzierte Energie deutlich geringer als beim herkömmlichen Vertical Slot Beckenpass. Nach DVWK errechnet sich für den optimierten Multi-Struktur Slot eine induzierte Energiedichte von ~70 W/m³. Diese liegt somit deutlich unter den rd. 105 W/m³, die in einem Standard Vertical Slot Fishpass mit gleicher Dimension erreicht wird.

Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 22. Dezember 2010 um 15:13 Uhr